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Biovegane Landwirtschaft – Provokation oder Lösung?!

Beweggründe für eine Systemumkehr

Hubert Weiger,  Bundesvorsitzender des Bund Naturschutzes sagte 2018, anlässlich der Grünen Woche und der alljährlich von Protesten Zehntausender begleiteten "Wir haben es satt" Demo in Berlin ( offizielle Teilnehmer*innenanzahl 2018: 33.000):

" Die deutsche und europäische Agrarpolitik ist nicht in der Lage, den zentralen Herausforderungen unserer Zeit Rechnung zu tragen. Arbeitsplätze werden so nicht gesichert, immer mehr Bauernhöfe geben auf ...

Auch die bäuerlichen Strukturen sind bedroht. Um aber auch ökologische Ziele zu erreichen sind bäuerliche Strukturen unverzichtbar.

Die Agrarpolitik förder leider kein nachhaltiges Wirtschaften sondern unterstützt vor allem agrarindustrielle Strukturen. Die Betriebe werden immer größer, sie wirtschaften immer intensiver, um überleben zu können. Das führt dann zu Systemen der nicht artgerechten Tierhaltung und in Deutschland zu einem dramatischen Rückgang von Tier- und Pflanzenarten. Aus diesem Grund brauchen wir dringend eine ökologische und soziale Agrarwende, die der Landwirtschaft wieder eine Perspektive gibt und gesunde Lebensmittel krisensicher und nachhaltig erzeugt..."

Hier der gesamte Artikel vom Januar 2018 zum weiterlesen

 

Die gängige Landwirtschaft, ob konventionell oder bio, setzt gezielt Tiere ein, ob im Kreislauf oder ohne – als Produktionsmittel, als Düngelieferant oder eben auch zur Produktion von Lebensmitteln.

Als Veganerin lehne ich tierhaltende Landwirtschaft für meine persönliche Ernährung, seit inzwischen 6,5 Jahren, seit Juli 2012 komplett ab.

 

Die Auswüchse, der sich immer industrieller entwickelnden Landwirtschaft, auf die Tiere, deren Tierleid in Deutschlands und Europas Megaställen, erfordert ein Umdenken und ein Nicht mehr weiter so.

Organisationen wie die Soko Tierschutz, die auch in unserem Landkreis (Putenskandal im Landkreis Dillingen 2014) sowie in gesamt Europa immer wieder Skandale aufdeckt, in denen es um Tierquälerei im Stall, in Tierversuchslaboren oder auch der Pelzindustrie geht, erlangen immer größere bundesweite Beachtung und haben bereits häufig ein Umschwenken der Verantwortlichen ausgelöst; sei es über den Handel oder auch bei Verbraucher*innen sowie den bäuerlichen Betrieben.

 

Immer wieder beobachten Tierschützer*innen und Tierrechtler*innen: stundenlanger Transport der Tiere auf engstem Raum, in größter Hitze, oftmals ohne ausreichend Wasser. Des weiteren häufig unsachgemäß, im Akkord durchgeführte und damit mit extrem viel Tierleid verbundene Schlachtmethoden in modernen Mega Schlachthöfen; im Übrigen auch in Bio Schlachthöfen. Die überzähligen Bullenkälber der Milchindustrie, die billigst verramscht werden und meist unter tierquälerischen Zuständen im südeuropäischen Ausland landen, stellen ein ganz eigenes Drama dar. Für die Bauern und Bäuerinnen nicht lohnenswert, da sie ja keine Milch geben, sind sie sozusagen der "Ausschuß" der jährlichen Zwangsschwängerung der Mutterkühe - denn sonst gäbe es keine Milch. Beim Zukauf von glyphosathaltigem genmanipuliertem Futter,  da die eigenen Futterflächen keine ausreichende Futterquelle in der notwendigen Menge bieten, wird die globale Verstrickung noch klarer. Das Credo des Bauernverbands: Wachse oder Weiche – was Bauern und Bäuerinnen nicht selten in große finanzielle Not bringt, und oftmals nur Niedriglohnjobs bietet, hat bereits viele bäuerliche Betriebe in den Ruin geführt, oder an die Grenze dahin; auch berichten Einzelne immer häufiger von psychischen Erkrankungen wie Burnout, Depressionen etc.

Hinzukommen entmündigende Strukturen von Systemtierhaltungen wie beispielsweise bei "Wiesenhof" – Alles aus einer Hand – angefangen vom Saatgut fürs Futter, bis hin zu Tierarzt und Schlachthof. 

Immer wieder von Tierrechtsorganisationen aufgedeckte tierquälerische oder und gesundheitsrelevante Vorfälle wie bei Bayernei oder anderen landwirtschaftlichen Skandalen der letzten Jahre, erfordern eine Systemumkehr: für die Tiere, die Menschen, das Klima, unsere Böden, das Wasser  und unsere Luft zum Atmen.

Hinzu kommt, dass neben Pestiziden und chemischen Düngemitteln, die Exkremente der Tiere auf die Felder ausgebracht werden. Im Schlepptau kämpfen wir mit Umweltproblemen, wie einer starken Nitratbelastung des Grundwassers.

 

Die Folgen der jahrelangen Verabreichung von Antibiotika, nicht zuletzt auch Reserveantibiotika in Schweine-, Hühner- und Putenmastbetrieben wie bunte Smarties, führen inzwischen nicht selten zu einer Resistenz in ganzen Beständen. Auch bei uns Menschen hat eine Antibiotikaresistenz Folgen. Wenn sogar Reserveantibiotika bei uns Menschen nicht mehr wirken, kann das massive gesundheitliche Probleme für die Menschen bedeuten, die dringend ein wirksames Antibiotika benötigen. 

Multiresistente Keime sind auf dem Vormarsch und bedrohen Menschen und Tiere gleichermaßen. Langjähriger Tierarzt und Ingolstädter Umweltreferent Dr. Ruper Ebner hat viel zu diesem Thema gearbeitet; hier könnt Ihr Einiges davon nachlesen und sehen.

 

In der Süddeutschen Zeitung vom 18.07.2018 weist die Autorin Silvia Liebrich zurecht darauf hin, dass gemäß einer neuen Studie, die Fleischkonzerne dem Klima angeblich mehr schaden als die Ölindustrie.

Sie beschreibt, dass die fünf weltgrößten Fleisch- und Molkereikonzerne  für mehr Treibhausgas-Emissionen verantwortlich sind als die großen Ölkonzerne; sie schaden dem Klima damit deutlich mehr als bislang angenommen. Und Berechnungen zufolge müsste der jährliche Fleischkonsum bis 2030 auf 22 Kilo pro Person sinken, um den globalen Temperaturanstieg auf maximal zwei Grad Celsius zu begrenzen.

 

Die Landwirtschaft der Moderne passt die Tiere den Haltungsbedingungen an, ökonomische Bedürfnisse stehen an oberster Stelle. Daher werden die Ställe nicht an die Bedürfnisse der Tiere angepasst, wie insbesondere bei so intelligenten Tieren wie Schweinen und Puten zu beobachten ist; fast immer handelt es sich bei Puten zudem um Qualzuchten; zumeist werden die meisten Tiere für die Fleischgewinnung bereits als Tierkinder geschlachtet; Eierlegende Hühner sind innerhalb kürzester Zeit so ausgezehrt dass sie rasch ausgemustert werden.  Das halte ich für grundfalsch. Ich konnte persönlich die Augen und meine Emotionen nicht mehr vor der persönlichen Erkenntnis verschließen dass "Tierisches essen" ethisch nicht länger vertretbar ist für mich.  Für mich persönlich kann ich keine Katzen, Hunde, und andere sogenannte Haustiere mehr streicheln und die anderen Tiere "nutzen". 


Fotos zu den Beweggründen/ Vorsicht: nicht nur hübsch anzusehen:


Die Biolandwirtschaft schont zwar Ressourcen und die Umwelt, die Tiere schont sie nur bedingt. In Biobetrieben werden Tiere ebenso gegen ihren Willen gezüchtet, gehalten, leider immer wieder auch gequält und schließlich getötet. Gedüngt wird organisch, allerdings werden neben Gülle auch Hornspäne, Haarmehlpellets und Blutmehl eingesetzt. Bioverbände wie demeter schreiben eine Tierhaltung sogar vor, um die sogenannte Kreislaufwirtschaft zu erhalten. Gülle wird teilweise sogar zugekauft, selbst wenn Landwirte selber keine Tiere halten, um dem Anspruch des Verbandes gerecht zu werden.

 

Immer mehr Landwirte stellen nicht nur aus ökonomischen Gründen um auf eine vegane Landwirtschaft und zunehmend eben auch auf bio-vegan, sondern auch immer mehr ethische Gründe motivieren zur Umstellung. Die biovegane Landwirtschaft stellt somit eine klare Alternative zur Kreislaufwirtschaft mit Düngemitteln aus der Tierproduktion dar. 

 

Iain Tolhurst

Iain Tolhurst gilt als Pionier. Bereits vor über 40 Jahren hat er begonnen ökologisch anzubauen. In seinem Buch "Growing Green" beschreibt er die Grundtechniken für die biovegane Landwirtschaft. Durch Gründüngung, Blühstreifen und Hecken sowie weitere kohlenstoffbindende Maßnahmen kam der Betrieb von Tolhurst Organic bereits im Jahr 2006 auf einen C02 -Fußabdruck von 8 Tonnen und wirtschaftete bereits damals 90 Prozent effizienter als konventionelle Betriebe.

 

Wiederentdecken natürlicher Techniken

In der bio-veganen Landwirtschaft kommen natürliche Techniken zum Einsatz, um die Bodenfruchtbarkeit zu erhalten wie Wechselfeldwirtschaft, Mulchen oder Düngen mit pflanzlichen Gärresten. Energiezufuhr direkt und nicht über den Umweg des Kleegrases durch den Magen der Kühe.  Der wichtige Pflanzennährstoff Stickstoff kann durch diese Techniken in den Boden eingearbeitet werden, anstelle von Gülledüngung. Leguminosen wie Ackerbohnen, Lupinen oder Soja können Stickstoff aus der Luft binden und für Pflanzen, die später in der Fruchtfolge angebaut werden, zur Verfügung stellen. Viele dieser Leguminosen sind zudem für uns Menschen ausgezeichnet verträglich und dienen einer ausgewogenen gesunden Eiweißversorgung wie die Süßlupine oder Soja. Die Verfütterung über den Umweg Tier ist nicht notwendig um die menschliche Ernährung sicherzustellen.

 

Bisher gibt es in Deutschland lediglich einzelne Betriebe, hier bei uns im Süden den Pfänder Hof bei Schwabmünchen. Johannes Pfänder hat den väterlichen Hof, damals noch Milchviehbetrieb, übernommen, auf bio umgestellt und weil er das Leiden der Kälber und Kuhmütter nicht länger ausgehalten hat, auf bioveganen Gemüseanbau umgestellt und jetzt, mehr als 10 Jahre später, ernährt der Hof  3mal so viel Menschen wie in früheren Zeiten. Inzwischen hat er den Hof seinem Sohn Florian übergeben.

 

Für seine spezielle Art und Weise Kompost zur Düngung zuzubereiten, impft er ein oder zweimal im Jahr mit Pferdemist aus umliegenden Gehöften. Da dies nicht von sogenannten Nutztieren stammt, ist dies laut Verband erlaubt; jedoch nicht 100% reine Lehre. 

Die Karotten vom Pfänder Hof sind legendär auf dem Augsburger Markt und den belieferten Bioläden und Hans hat mir bei einem meiner Besuche auf seinem Hof erzählt, dass inzwischen die Menschen ihm das Land von sich aus anbieten, da sie sehen was er mit dem Land macht. Zudem hat er eine tolle Idee für nicht so "ideales" Gemüse entwickelt: Er stückelt und vakuumisiert es für die Gastronomie. 

 

Bioveganer Landbau muss sicher noch intensiver erforscht und weiter entwickelt werden - denn eins ist klar. Diese Mengen an tierischen Lebensmitteln wie bisher, können wir uns als Erdbevölkerung, bei der ständig zunehmenden Anzahl an Menschen, aus rein ökologischen Gründen schon nicht mehr leisten.

Bereits jetzt exportieren wir aus Deutschland mehr tierische Lebensmittel als wir hier verbrauchen und die "Scheiße" bleibt auf unseren Feldern; wir zerstören den Regenwald für das notwendige Futtersoja für Schweine, Hühner und Puten in Europa und der asiatische Markt hat einen riesigen Nachholbedarf, auch an Milch und Milchprodukten.

Was dies zukünftig für die Tiere bedeutet ist kaum vorstellbar.

 

Daher muss Politik hier strukturell eingreifen. Lebensmittel müssen zukünftig weltweit genau das kosten, was sie ökologisch tatsächlich kosten.  Subventionen dürfen zukünftig ausschließlich ökologischer Landwirtschaft, am besten bioveganer Landwirtschaft, zufließen. Zudem muss es unabhängige übergreifende Kontrollinstanzen und tatsächliche Strafverfolgung bei Tierquälerei geben; aufgedeckte Tierquälerei muss endlich konsequent geahndet werden, sogenannte Nutztiere verdienen, solange es Tiere in der Landwirtschaft gibt, absoluten Schutz zumindest ihrer Unversehrtheit, ihrer ureigenen Lebensart, wenn sie in menschlicher Obhut schon ihr Leben für uns lassen müssen. Das Land Niedersachsen hat in diesem Bereich einige sehr gute Initiativen des damaligen grünen Landwirtschaftsministers Christian Meyer, wie Ringelschwanzprämie, eine unabhängige übergreifende Sonderkommission zur Kontrolle und vieles mehr eingeführt. Nach dem Regierungswechsel wurden alle Fortschritte für die Tiere wieder zurückgenommen. Niedersachsen hat somit 2018 komplett vor der industriellen Agrarlobby das Knie gebäugt. Deutschland braucht mehr Menschen wie Christian Meyer, der gemeinsam mit den Bauern und Bäuerinnen begonnen hatte die Landwirtschaft umzuformen. Natürlich sind auf politischer Ebene für mich als Veganerin noch viele Themen offen: Das Verbandsklagerecht für anerkannte Tierschutzverbände, gerade erst eingeführt, wurde in Nordrhein Westfalen von der CDU Regierung wieder zurückgenommen. Als Grüne kämpfen wir seit vielen Jahren dafür.

Mir ist wichtig dass die Anbindehaltung für Kühe ein Ende findet. Das ist mit vielen Hürden vorwiegend im Bergland verbunden. Hier muss es kluge geförderte Initiativen für die Höfe geben. Ebenso halte ich die Enthornung der Kühe für falsch.  Betäubungsloses Kastrieren von Ferkeln muss ein Ende finden; ebenso die Haltung in Kastenständen. Tiertransporte dürften nie länger wie maximal 4 Stunden dauern ohne längere Pause mit Futtergabe und Wasser...usw.

 

Die einseitig industrielle Ausrichtung der Landwirtschaft muss beendet werden; die Zahl der Tiere in der Landwirtschaft muss sowohl aus klimapolitischen als auch aus ethischen Gründen drastisch reduziert werden. Die Landwirtschaftsminister*innen auf Landes-und Bundesebene der letzten Jahre bekleckern sich, wie vorhin beschrieben, nicht gerade mit Ruhm; sei es bei der Fortführung der Kastration der Ferkel ohne Narkose als auch beim Thema Glyphosat, und und und...

 

Weitere Infos gibt es hier:

 

Verein biozyklisch veganer Anbau e.V.:

Verein biozyklisch veganer Anbau

 

Biologisch veganes Netzwerk für Landwirtschaft und Gartenbau:

biovegan.org

 

Liste der bioveganen Höfe

 

 

23.12.2018 - Heidi Terpoorten

 


Mir fällt fast keine politisch heftigere Tat ein, die mehr Fliegen mit einer Klappe schlägt, als die vegane Lebensweise. 

Hagen Rether


Machen ist wie wollen. nur krasser.






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